165 Jahre Gastronomie auf dem Burgberg

165 Jahre Gastronomie auf dem Burgberg
Das Burgberg-Hotel im Jahr 1973, kurz vor dem Abriss des Gebäudeensembles.

165 Jahre Gastronomie auf dem Burgberg

Auf dem Großen Burgberg, diesem geschichtsträchtigen Bad Harzburger Berg mit seiner ehemaligen Burganlage von 1065 bis um 1650, gab es viele Jahre einen Gasthof beziehungsweise ein Hotel.

Als erster erbaute der Gastwirt Friedrich-Wilhelm Reusche mit Sondergenehmigung des Herzogs Wilhelm von Braunschweig im Jahr 1846 den Gasthof „Zum Crodo“. Reusche stammte aus Gebhardshagen und war Kellner von Beruf. Auf dem Burgberg war er aber schon seit 1840 in einem kioskähnlichen Verkaufsstand mit einem provisorischen Dach aus Baumborken tätig. Reusche betrieb für den Bündheimer Apotheker Sandorfy die Bewirtschaftung auf dem Burgberg.

Zeitgenössische Darstellung des Gasthofs „Zum Crodo“ um das Jahr 1850

In der Anfangszeit des Gasthofs „Zum Crodo“, wurden zwölf Betten vermietet. Im Lauf der Zeit wurde das Gebäude vergrößert und zum Hotel ausgebaut. 1857 konnten schon 50 Betten belegt werden. Die eigene Wasserversorgung wurde aus einer Quelle am Sachsenberg gespeist.

Desöfteren waren auch königliche Gäste bei Familie Reusche zu Gast. Unter anderem 1860 König Georg V. aus Hannover mit Königin Marie und dem Kronprinzen.  Begleitet wurden sie von rund 40 Hofgästen. Unter ihnen auch die Gesandten aus England und Russland.

Ein Gedeck berechnete Reusche für drei Taler pro Person und schickte die Rechnung dann zum königlichen Hofmarschall. Einige Zeit später kam die Rechnung aber zurück. Reusche dachte, er hätte zu viel berechnet. Aber der Hofmarschall bat um eine neue höhere Rechnung, nun für fünf Taler pro Gedeck.

Der Nachfolger von Reusche wurde 1878 Ernst Behnecke. Familie Reusche blieb aber bis 1889 auf dem Burgberg wohnen und zog dann in eine Villa an der Papenbergstraße. Unterhalb vom Hotel Ludwigslust gelegen, genannt Haus Reusche.

Werbung für das „Hotel zum BUrgberg“ um 1900

Aus diesen Zeiten stammte auch eine Kuriosität. So stand in Nähe der 1877 errichteten 19 Meter hohen Canossa- bzw. Bismarcksäule ein Fahnenmast. Diese Fahne hatte eine besondere Funktion: Um den Reisenden auf Zimmersuche unnötige Wege auf den Berg zu ersparen, hatte die Fahne zwei Stellungen. Fahne oben hieß: Zimmer belegt, wehte die Fahne auf Halbmast bedeutete dies: Zimmer frei. Bei Dunkelheit sollen Lampen oder Scheinwerfer die Funktion der Fahne übernommen haben.

Mit der Pferdedroschke, per Pedes oder auf Pony und Esel ging es auf den Burgberg bis…

Bei Ernst Behnecke war die Burgberggasstätte wohl zeitweise separat in Pacht. Um 1900 war es Otto Pfaue, später A. Wittig. Nachfolger von Ernst Behnecke, der wie Friedrich-Wilhelm Reusche über 40 Jahre auf dem Burgberg verbrachte, wurde im Dezember 1922 Ludwig Eggeling.

Er war vermutlich ein Angehöriger der Eggelings aus dem gleichnamigen Hotel, das später bis 1971 als Harzburger Rathaus diente. Auch in diesen Zeiten war der Weg zum Burgberghotel und den anderen Sehenswürdigkeiten noch beschwerlicher als heute.

Dies änderte sich 1929, als die Burgberg-Seilbahn eingeweiht wurde und die Gäste mit Deutschlands nördlichster Kabinenseilbahn in wenigen Minuten nach oben schwebten. Zu Zeiten von Reusche und Behnecke gelangte man mit Pferdedroschken oder auf dem Rücken von Ponys und Eseln auf den 482 Meter hohen Burgberg. Ein Denkmal am Berliner Platz, die Kurgastdame mit Esel von Ursula Bacmeister, erinnert an diese Zeiten.

… der Bau der Burgberg-Seilbahn die Situation grundlegend änderte.

Nachfolger von Ludwig Eggeling als Burgberghotelier wurde 1949 sein Sohn Henry Eggeling. In dieser Zeit gab es schon Pläne für einen Hotelneubau im Stil einer alten Burg, verwirklicht wurden sie nicht.

Ende der 1950er Jahre übernimmt Ottomar Behne das Geschäft, nach dessen Tod seine Frau Ursula, die vorher auch noch den ehemaligen Burgkeller bewirtschaftete. Dies bleibt so bis zur Schließung des Burgberghotels am 1. November 1971.

Auch in diesem Zeitraum, gab es wieder Pläne für ein neues Hotelgebäude. Investor war damals die Berliner Geschäftsfrau und Architektin Kressmann-Zschach (Steglitzer Kreisel). Vorgesehen war ein Hotelneubau aus Beton, Glas und Stahl für über „200 Betten“. Attraktion sollte ein rotierendes Café in einer der oberen Etagen sein.

Begleitet wurden diese Pläne von der Idee, einen Aufzug von der sogenannten Parkhaus-Kaverne im inneren des Burgbergs, direkt zum Hotel führend, zu bauen. Doch auch diese Planungen wurden nicht verwirklicht. Sie scheiterten am Widerstand der Harzburger Bürger, des Harzburger Stadtrates und sicherlich auch an den finanziellen Anforderungen dieses gewagten Projektes.

ZU allen Zeiten ein geschätztes und begehrtes Plätzchen: Der Kaffeegarten des Burgberg-Hotels um 1929.

Die alten Hotelgebäude wurden schließlich am 2. April 1973 abgerissen. Als Ersatz gab es bis 2009 noch ein Selbstbedienungsrestaurant. Aber Hotelzimmer gab es seitdem nicht mehr. Dafür gibt es neue Pläne. Das Selbstbedienungsrestaurant soll weichen. Ein Harzburger Geschäftsmann stellte der Stadtverwaltung, dem Förderverein Burgberg und anderen zuständigen Gremien sowie der Öffentlichkeit ein neues Konzept für die Burgbergbebauung vor. Diesmal sieht es so aus, dass wohl die Planungen nach vielen Ratssitzungen und öffentlichen Diskussionen verwirklicht werden. Sicherlich gibt es dann irgendwann auch wieder Zimmer auf Harzburgs Hausberg zu mieten. Wie anfangs schon zu Reusches Zeiten.


Dieser Beitrag entstand vor 2010

Mehr Fotos zum Thema Burgberg-Gastronomie auf Harz-History

Weitere Artikel rund um das Thema Burgberg-Gastronomie finden sich im Uhlenklippenspiegel des Harzburger Geschichtsvereins:

Namen aus der Harzburger Geschichte: Friedrich Wilhelm Reusche – der erste Wirt auf dem Burgberg (Friedrich Ehrhardt)

Harzburg im 19. Jahrhundert: Gäste auf dem Burgberg (Friedrich Ehrhardt)

Die Lebenserinnerungen des ersten Burgbergwirts (Klaus Beddies)

Grundsteinlegung für den neuen Burgberggasthof (Harry Plaster)

„Aussichtsreich“: Der Link zum aktuellen Angebot auf dem Burgberg

Bodes Hotel

Bodes Hotel
Werbung für Bodes Hotel in den frühen 1960er Jahren.

Bodes Hotel: Aus „Asche“ entstanden

An der Ecke Papenbergstraße und der Straße Am Stadtpark in Bad Harzburg stand bis Ende des Jahres 1988 „Bodes Hotel“ mit seinen Nebengebäuden. Dies waren das Haus Bode und die Villa Bode. Nach dem Abriss von Villa Bode entstand in späteren Jahren ein Neubau, der sogenannte Londoner Flügel.

Aufenthaltsraum etwa 1955

Zuvor war an dem Ort, an dem später ein großes Hotel entstand, ein Bauplatz. 1886 kauft der Tischlermeister Hermann Nordmann diesen Platz an der Dommesstraße vom Konsul H.H. Meier aus Bremen.

Selbiger besaß zur damaligen Zeit schon einige Grundstücke und Häuser in Bad Harzburg, 1890 gab Hermann Nordmann den Bauplatz an die Gebrüder Hermann und Robert Asche wieder ab. 1891 bauten diese das Hotel Asche, es wurde ein großes Gebäude mit 55 Zimmern und etwa 70 Betten.

In dieser Zeit müssen auch schon Nebengebäude auf dem Grundstück hinzugekommen sein. In einem Unterkunftsverzeichnis von 1904 gibt es zugehörig zum Hotel eine Villa Asche an der Amsbergstraße.

Im Jahr 1910 wurde das Hotel an die Gebrüder Bode verkauft. Christian und Carl Bode führten das Haus danach viele Jahre als Hotel Asche weiter.

Um 1925 wurde das Haus dann in Bodes Hotel umbenannt. Während Carl Bode für den Hotelbetrieb zuständig ist, bewirtschaftet Christian Bode noch das Kurhaus, das Casino und Restaurationen Unter den Eichen.

Das Casino war die ehemalige Villa Radau, einstmals 1854 als Sommerwohnung von Konsul Meier erbaut. Das Casino nannte sich zur damaligen Zeit auch Winterkurhaus, heute befinden sich in dem Gebäude u. a. eine Orthopädische Arztpraxis, die Stadtbücherei und ein Therapiezentrum.

Der Name Bode bleibt viele Jahre mit dem Hotel verbunden, so stehen die Gebrüder Bode in den fünfziger und sechziger Jahren immer noch als Besitzer in den Verzeichnissen.

Ein ebenso häufiger wie gern gesehener und prominenter Gast: Uwe Seeler mit Derek und Thea Alton-Nagel in Bodes Hotel.

Im Krieg wurde auch Bodes Hotel als Lazarett gebraucht, zwei Söhne der Familie Bode fallen ebenfalls im Krieg. Der eine wird als vermisst gemeldet, der andere fällt tragischerweise einige Tage vor Kriegsende bei Kämpfen im Harz.

Nach dem Krieg diente Bodes Hotel als Lazarett und Rehabilitationsort für englische Offiziere. Die englischen Besatzer hatten zur damaligen Zeit rund 30 Hotels und Fremdenheime, sowie öffentliche Einrichtungen wie Casino, Kurhaus und Schwimmbad, um nur einige zu nennen, beschlagnahmt. Dies alles diente als Freizeiteinrichtung für englische Soldaten und hatte den Namen Leave Center.

Im Jahr 1949 wohnte laut Einwohnerverzeichnis von Bad Harzburg in Villa oder Haus Bode auch noch eine Amalie Asche, ein Name, den es schon 1890 gab.

Nach dem Abzug der englischen Truppen Mitte der 1950er Jahre, normalisiert sich der Hotelbetrieb und auch in Bad Harzburg blüht das Kur- und Bäderleben wieder auf. Auch die Gebrüder Bode gab es noch, wobei Christian der ältere von beiden war. Er wurde 1875 geboren und starb 1962. Carl Bode, der jüngere Bruder, war Jahrgang 1883 und verstarb 1957. Beide Brüder waren übrigens mit zwei Schwestern verheiratet. Christian mit Theodora und Carl mit Marta, beide Damen waren geborene Kröckel.

Das Schreibzimmer in den 1930er Jahren.

In der Zwischenzeit hatte ein weiteres Mitglied der Familie Bode, Thea Bode, den englischen Offizier Derek Alton-Nagel geheiratet. Auch die Straßennamen hatten sich geändert, aus der Dommesstraße, benannt nach dem ersten Badekommissar Hermann Dommes, wurde die Straße Am Stadtpark.

Nach dem Tod der Gebrüder Bode übernahmen Derek und Thea Alton-Nagel den Betrieb. Da die beiden aber oft im Ausland weilten, leitete in der Regel Frau E. Luther das Hotel.

Integriert in den Hotelbetrieb waren zur damaligen Zeit die Kosmetik-Institute bzw. Schönheitsfarmen der Firmen Ritter und Lutter.

In der Zeit von Derek und Thea Alton-Nagel, gab es im April 1972 einen Großbrand, bei dem die Villa Bode schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Schäden sind so groß, dass die Gebäudereste abgerissen werden, an gleicher Stelle wurde der schon erwähnte Neubau als Londoner Flügel errichtet.

Im Haus Bode, das durch einen überdachten und mit großen Panoramascheiben versehenen Gang mit dem Haupthaus verbunden war, gab es außerdem viele Jahre die Massagepraxis der Firma Kregel.

1986 erwarb Gerda Hoppe aus Berlin Bodes Hotel zusammen mit der Kurvilla Amsberg und dem Londoner Flügel, der Pächter des Geschäfts war H. W. May.

In der Nacht zum Heiligabend 1988, war dann die Zeit von Bodes Hotel vorüber. Ein Großbrand zerstört den dreiteiligen Gebäudetrakt so schwer, dass die Gebäudereste in deren Mauern auch viel Prominenz weilte, abgerissen werden mussten.

Schauplatz legendärer Partys: Die Schottenbar in Bodes Hotel.

Somit war wieder einmal eines der großen Hotels alter Prägung aus dem Bad Harzburger Stadtbild verschwunden. Ursache des Großbrandes war laut der Ermittlungen der Polizei Brandstiftung, die Schadenshöhe wurde auf rund zwei Millionen DM beziffert.

Das letzte Bad Harzburger Mitglied der Familie Bode, Thea Alton-Nagel, geboren 1920, wurde 1996 beerdigt. Ihr Ehemann Derek verstarb schon im Jahr 1983.

Heute stehen moderne Wohnanlagen auf dem einstigen Hotelgelände.

Nach dem Brand 1988 blieb das große Eckgrundstück viele Jahre ungenutzt. Seitens der Stadt wurde es lange als Standort für erneute Hotelbebauung ausgewiesen. Auch am stehengebliebenen und ungenutzten Londoner Flügel nagte der Zahn der Zeit.

Zusammen mit den wild wuchernden Büschen und Bäumen auf dem Grundstück ergab alles einen unschönen Anblick für Kurgäste und Anwohner.

In letzter Zeit wurde der Bebauungsplan geändert und die Firmen Behning und Junicke werden dort eine größere Wohnanlage nach bewährtem Muster errichten. Die Vorarbeiten begannen im April 2003 mit dem Abriss des Londoner Flügels und einiger baufälligen Garagen, die sich ebenfalls noch auf dem Grundstück befanden.


Der Beitrag stammt aus dem Jahr 2003

Mehr Bilder zur Geschichte von „Bodes Hotel“ im Internet unter Harz-History

 Beitrag von Harry Plaster zu „Bodes Hotel“ im Uhlenklippenspiegel Ausgabe 120/2017

Bad Harzburg – Stadtbild im Wandel – 1999-2014

Bad Harzburg – Stadtbild im Wandel – 1999-2014

Bad Harzburg – Stadtbild im Wandel – 1999-2014

„Aus dem Bad Harzburger Stadtbild verschwunden…“, so ist der Foto-Streifzug durch den (Geschäfts-) Alltag der Kurstadt von Mai 1999 bis Dezember 2014 überschrieben. Fotos und Fakten lieferte Harry Plaster, mit seiner enormen Sammlung und seinem Wissen stets die erste Adresse, wenn es um Einblicke in die Bad Harzburger Geschichte geht. Ein Teil seines Archivs ist auf der Plattform Harz-History zu sehen.

Bahngeschichte(n) Bad Harzburg 1960 – 2018

Bahngeschichte(n) Bad Harzburg 1960 – 2018

Bahngeschichte(n) Bad Harzburg 1960 – 2018

Philipp August von Amsberg war Begründer der ersten deutschen Staatsbahn, der Herzoglich Braunschweigischen Staatseisenbahn, die vom Dezember 1838 an zwischen Braunschweig und Bad Harzburg verkehrte. Mit Fotos aus dem Archiv Harry Plaster erinnern wir hier an Eisenbahn-Geschichte(n) rund um Bad Harzburg. Noch viel mehr historische Aufnahmen rund um das große Thema Eisenbahn im Harz gibt es unter Harz-History.

Bad Harzburg und die Eisenbahn

Bad Harzburg und die Eisenbahn

Bad Harzburg und die Eisenbahn

Es ist eine lange Geschichte, die Bad Harzburg und die Eisenbahn seit der ersten deutschen Staatsbahn 1838 von Braunschweig in die Kurstadt verbindet. Eine Geschichte, die Harry Plaster aus seinem umfangreichen Archiv durch die Jahrzehnte und Jahrhunderte anschaulich bebildert. Gute Reise! Mehr historische Fotos aus dem Harz gibt es unter https://harz-history.de

Bergbau-Vortrag Woick

Bergbau-Vortrag Woick

Bergbau-Vortrag: Horst Woick im NIG

Über „Bergbau in Bad Harzburg“ referierte Horst Woick als einstiger Kumpel, der in der Grube Friederike gearbeitet hat, und späterer Bad Harzburg Kurdirektor nicht allein vor unzähligen Vereinen. Auch an Schulen war er gefragt. Und am Niedersächsischen Internatsgymnasium (NIG) Bad Harzburg griffen Jannik Nüsse und Julian Henk glücklicherweise zur Kamera, sodass wir den Woick-Vortrag weiterhin „live“ genießen können. Der Film, der in den frühen 2010er Jahren entstand, überdauerte die Zeit im Archiv Harry Plaster, das eine unglaubliche Fundgrube ist. Fotos aus dem Archiv sind auf https://harz-history.de zu sehen.

Brotfabrik Dehne Bündheim

Brotfabrik Dehne Bündheim
Blick in die Brotfabrik Rudolf Dehne in Bündheim um das Jahr 1960.

Die Brotfabrik Dehne in Bündheim

Rudolf Dehne, ein Pionier der Verpackungstechnik in der Nachkriegszeit

Rudolf Dehne 1954

Die Anfänge der Brotfabrikation in der Firma von Rudolf Dehne liegen in der elterlichen Bäckerei an der damaligen Prinz- Albrecht-Straße 31 in Bündheim. Diesen Betrieb gab es dort schon lange Jahre. Bäckermeister Rudolf Dehne, geboren im Jahr 1916, übernahm das Geschäft als junger Mann um 1940 von seinem Vater Hermann.

Dehnes Spezialität wurde die Herstellung von Harzer Pumpernickel. Wie allgemein bekannt, kam Pumpernickel als lange haltbares Vollkornbrot aus Roggenschrot ursprünglich aus der westfälischen Küche stammt.

Hauptabnehmer für das kräftige Brot aus Dehnes Backstube waren die verschiedenen Lazarettabteilungen in Hotels und Pensionen, die es von 1942 bis 1945 in Bad Harzburg gab. Erst nach Ende des Krieges normalisierte sich das Geschäft wieder, kehrte langsam und ganz allmählich wieder der Bächer-Alltag ein.

Lebensmittel gab es einige Jahre nur auf Marken, darunter auch für Brot und Backwaren. In jener Zeit kam Rudolf Dehne die Idee, zwecks Belebung seines Geschäftes, für den Harzer Pumpernickel und anderes Brot ein Verfahren zu finden, um die Backwaren versenden und exportieren könnte.

Angeregt haben dürften den Bündheimer die Lebensmittelpakete der amerikanischen und englischen Besatzer, in denen auch Lebensmittel mit längerer Haltbarkeit enthalten waren. Für Rudolf Dehne begann eine lange Zeit des Experimentierens und der Tüftelei.

Die Schwierigkeit lag aber nicht in der Brotherstellung selbst. Wenn man das Endprodukt in absehbarer Zeit verzehrte, war alles in Ordnung. Doch nach längerer Lagerung wurde das Brot anfällig. Der ärgste Feind war auf Grund der hohen Feuchtigkeit der immer wiederkehrende Schimmelpilz.

Qualitätskontrolle: Rudolf Dehne um 1960.

So passierte es viele Male, dass versandte Ware vom Kunden wieder zurückkam. Für das Geschäft waren solche Vorfälle natürlich nicht von Vorteil, schädigten eher den Ruf. Was heikel war, denn in Bündheim gab es noch fünf weitere Bäckereien und somit reichlich Konkurrenz. Aber Rudolf Dehne ließ sich nicht entmutigen und versuchte es zunächst mit der Chemie, dem Schimmelpilz zu Leibe zu rücken.

Dabei kam dem Bäcker zugute, dass die Firma Dehne mit dem täglichen Ladengeschäft und mit einigen kleinen Filialen noch weitere Einnahmequellen hatte. Zusätzlich gab es neben der Bäckerei als Mieter noch den Schuhmacher Hermann Lutz, der ein kleines Geschäft betrieb und Miete zahlte.

Anfang der fünfziger Jahre waren einige Schimmelpilz – Bekämpfungsmittel auf dem Markt, die nicht den Geschmack beeinflussten. Mit diesen Mitteln startete Rudolf Dehne seiner ersten Experimente. Doch wie sich mit der Zeit herausstellte, halfen diese Zusätze nur bedingt und waren für längere Lagerdauer nicht zu gebrauchen.

Dehne startete neue Versuche mit Metallfolien, die das Brot fest umschlossen. Nun war die Ware zwar steril verpackt, aber immer noch kam zu viel Luft an das Brot heran. Und somit kehrte auch der Schimmelpilz zurück.

Im Jahr 1953 machte Rudolf Dehne Bekanntschaft mit einer neuartigen Kunststoffart: Polyethylen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er über Jahre hinweg schon viel Geld und Zeit investiert. Doch der Bäckermeister hatte standhaften Unternehmergeist und war immer noch jung genug, um sein Projekt erfolgreich durchzuführen.

Er ließ sich spezielle Hüllen aus Polyethylen anfertigen und hatte nun die passende Verpackung für seine Ware. Ein Problem aber blieb: Wie bekam man die Hülle luftdicht und das Brot steril?

Bei ersten Versuchen wurde das Brot in die Hülle gesteckt, luftdicht verschlossen und alles auf rund 90 Grad erhitzt. Diese hohe Temperatur brauchte man, um den Schimmelpilz abzutöten. Denn nur bei Temperaturen über 81 Grad wurde der Schimmelpilz ungefährlich.

Diese Methode war jedoch riskant, weil bei annähernd 100 Grad auch die Kunststoffhüllen ihren Schmelzpunkt hatten. Also wurde nun ein genau arbeitendes Thermostat konstruiert, doch auch hier gab es neue Schwierigkeiten.

In den Beuteln war nicht nur das Brot, sondern auch immer noch etwas Luft. Beim Hochfahren der Sterilisationshitze dehnte sich die Luft aus und die meisten Beutel zerplatzten. Aber Bäckermeister Dehne ließ sich nicht entmutigen, tüftelte unermüdlich weiter.

Nach einiger Zeit und neuen Versuchen wusste er, wie man die störende Luft aus der Verpackung herausbekam. Er besorgte einen Vakuum-Kessel, einen dünnen Schlauch sowie eine kleine Injektionsnadel. Durch deren winzigen Einstich entwich die Luft aus der Verpackung und das kleine Loch ließ sich schnell wieder verschweißen.

Nun war das Hauptproblem gelöst, es musste nur noch verbessert werden, man konnte ja nicht jeden Beutel einzeln mit der Injektionsnadel behandeln. Nach den Ideen und Angaben von Rudolf Dehne, konstruierte der Bad Gandersheimer Ingenieur Aug. Schwarzkopf einen Apparat, der Vakuum erzeugte. Zusätzlich war das Gerät in der Lage, durch elektrisch erzeugte Hitze bis um 120° Grad die nun luftleeren Verpackungshüllen zu verschweißen.

Inzwischen schrieb man das Jahr 1954. Investitionen in Geräte und Maschinen beliefen sich bis dahin auf rund 70.000 DM. Die neuen Apparaturen schafften einige hundert Beutel in der Stunde. Der Übergang vom kleinen Familienbetrieb hin zur Brotfabrik war fast geschafft.

Hieß es in älteren Anzeigen noch Brot- und Pumpernickel Export Rudolf Dehne, so nannte man sich zukünftig Delbro-Brotfabrik Rudolf Dehne. Beschäftigt wurden auch mehrere Vertreter. Die Brotmassen, die jetzt hergestellt werden konnten, mussten ja den Weg zum Verbraucher finden.

Abnehmer waren unter anderem Großversandhäuser wie Neckermann und Quelle sowie einige Einzelhandelsgeschäfte in der näheren Umgebung. Da mehr Platz benötigt wurde, baute Firma Dehne hinter der alten Bäckerei eine erste kleine Halle.

Mitte der fünfziger Jahre begann der Aufbau der Bundeswehr. Firma Dehne schaffte es in jener Zeit, diese Institution als Großkunden zu gewinnen. Geliefert wurde zuerst das vakuumverpackte und verschweißte Brot. Später dann rundes Brot, verpackt in 400-Gramm-Dosen. 

Das Dosenbrot wurde ebenfalls in einem ähnlichen Verfahren für längere Lagerung haltbar gemacht. Für das keksähnlich verschweißte Brot gab es in der Anfangsphase eine Haltbarkeitsgarantie von zwei Jahren. Durch verfeinerte Herstellungsmethoden in der Nachfolgezeit konnte diese jedoch wesentlich erhöht werden.

Als das Geschäft mit der Bundeswehr voll anlief, bauten die beiden Betriebsschlosser Alfred Kretschmar und Werner Hundertmark neue Verpackungsgeräte, die noch mehr Herstellungskapazität erreichten.

Zu Beginn der 1960er Jahre drohten die Delbro-Fertigungsstätten aus allen Nählten zu platzen.

Der Betrieb platzte jetzt aus allen Nähten, es wurde an die vorhandene Fabrikationshalle ein langes weiteres Gebäude errichtet. Zusätzlich erbaute die Firma Dehne noch weitere Fabrikationsstätten. So beispielsweise in Langelsheim im Ortsteil Bredelem auf dem alten Gelände der Palandsmühle. Hier wurden in den sechziger Jahren mit noch moderneren Maschinen rund 30.000 Dosen Brot am Tag produziert. Zusätzlich gab es in Hameln eine Produktionsstätte in alten Anlagen eines ehemaligen Mitbewerbers.

Getreidelieferant war zum größten Teil die Gifhorner Mühle. Es konnte in drei Schichten gearbeitet werden, wobei in Hauptlieferzeiten auch Nacht- und Wochenendschichten an der Tagesordnung waren. In den ersten Jahren der Brotfabrikation waren es neben fest angestellten Bäckern viele Hausfrauen aus der näheren Umgebung, die mit einem kleinen Zubrot die Haushaltskasse aufbesserten.

Damals waren die Löhne nicht so üppig und so gab es für Sonderschichten auch schon mal ein Schwein zur Belohnung. Gehalten wurden etliche Tiere hinter der Backhalle und die reichliche Nahrung bestand aus den anfallenden Brot- und Backabfällen.

Zunehmend setzte Firma Dehne in den sechziger Jahren Gastarbeiter ein, die vermehrt nach Deutschland kamen. Die meisten stammten aus Griechenland und der Türkei. Untergebracht waren sie in zwei Gebäuden an der Bäcker- und der Dr.-Heinrich-Jasper-Straße. In einem der Gebäude befand sich in früheren Jahren eine Filiale der Bäckerei Dehne. Diese und andere kleine Ladengeschäfte gab es jetzt nicht mehr, es wurde nur noch Fabrikware hergestellt.

Mitte der sechziger Jahre erwarb Rudolf Dehne das Hotel Lindenhof am Bahnhof von Familie Overbeck und brachte dort ebenfalls Gastarbeiter unter. Beschäftigt waren in allen Betrieben, je nach Auftragslage und Lieferumfang, bis zu 200 Personen.

Da es im Lauf der Jahre viele Interessenten und Nachahmer von Rudolf Dehnes Vakuumverpackung gab, hatte er sich dieses Verfahren inzwischen patentieren lassen. So besaß er Patente in den USA, Italien, Niederlande, Frankreich, Schweden, Österreich und der Schweiz.

In der Schweiz übernahm unter anderem das Bundesheer Rudolf Dehnes Patent zur Brotherstellung. Bezeichnenderweise gab es für die Bundesrepublik kein Patent. Dafür war Rudolf Dehnes Verfahren zur Brotherstellung im Gebrauchsmusterschutzverzeichnis für Westdeutschland unter der Nr.: 1653349 eingetragen.

Ende der sechziger Jahre gab es dann erste Querelen mit der Bundeswehr. Mal ging es um angebliche Qualitätsmängel der gelieferten Ware. Dann um Zahlungsverzug der versandten Produkte. Angesichts des hohen Auftragsvolumens und den daraus resultierenden Kosten, gab es nachfolgend beträchtliche Schwierigkeiten, die Firma über Wasser zu halten. So kam es, dass am 20. Juli 1972 die Firma von Rudi Dehne schließlich gänzlich ihre Pforten schloss.

Einige der letzten Erinnerungen an die Delbro-Brotfabrik in Bündheim sind seit 2002 im Deutschen Brotmuseum in Ebergötzen zu sehen.

Danach gab es noch einige Jahre rechtliche Unstimmigkeiten mit der Bundeswehr. Familie Dehne zog von Bündheim nach Vienenburg und übersiedelte dann nach Lindau am Bodensee. Hier verstarb Rudi Dehne im Jahr 1991. Ohne Frage ein Nachkriegspionier der Verpackungstechnik, wenn es darum ging, Lebensmittel länger haltbar zu machen und zu lagern.

Die Hallen in Bündheim standen nun einige Jahre leer. Bis von 1983 bis 2004 das alteingesessene Bündheimer Möbelhaus Krebs die Gebäude übernahm. Danach folgte ein Billig-Discounter und ein Fachmarkt für Tiernahrung samt Zubehör. An der einstigen Fertigungsstätte in Bredelem gab es lange Zeit die Firma Kalesse, ein Unternehmen, das sich mit dem Handel von Tiefkühlkost befasste.

Einige der letzten Erinnerungen an die Delbro-Brotfabrik in Bündheim sind seit 2002 im Deutschen Brotmuseum in Ebergötzen zu sehen. Es handelt sich dabei um einige Pakete Pumpernickel und einen Original-Karton Dosenbrot. Gefunden hatte sie ein Privatmann in Osterholz-Scharmbeck – das Brot war sogar nach rund 50 Jahren überwiegend noch genießbar…

Der Beitrag stammt aus dem Jahr 2004

Mehr Fotos zu dem Thema sind unter Harz-History zu finden

Das schöne Bad Harzburg 1965

Das schöne Bad Harzburg 1965

Das schöne Bad Harzburg 1965

„Schön zu jeder Jahreszeit“, so lautete die Erkenntnis der Filmemacher und zugleich der Titel des Farbfilms „Bad Harzburg 1965-1966“. Hinter der Produktion „Dero-Film“ standen seinerzeit etliche bekannte Bad Harzburger: Bruno Erntner (Kamera/Regie), Dr. Rolf Denecke (Texte), Günther Kubatzki (Sprecher) und Hans-Ulrich Diosegi (Regieassistenz/digitale Verarbeitung). Dass der Film erhalten ist, verdanken wir dem Archiv Harry Plaster, das eine unglaubliche Fundgrube der Bad Harzburger Historie ist. Fotos aus dem Archiv sind auch auf der Internet-Plattform https://harz-history.de zu sehen, die die Bad Harzburg-Stiftung unterhält.

Bad Harzburg-Werbung 1938

Bad Harzburg-Werbung 1938

Bad Harzburg-Werbung 1938

„Bad Harzburg“ lautet schlicht der Titel eines SW-Werbefilms, den Hermann Brandt, von den Nationalsozialisten eingesetzter Bürgermeister und Kurdirektor 1938 in Auftrag gab. An der 16mm-Kamera stand ein Mann, der erst zwei Jahre zuvor seinen Dienst als Kunsterzieher am Werner-von-Siemens-Gymnasium angetreten hatte und sich in der Folge nicht allein als Pädagoge, sondern auch als „Vater“ der Rathaus-Galerie und Gründer des Filmclubs Bad Harzburg einen fast schon legendären Ruf erarbeitete: Fritz Creutzfeldt, weithin vor allem auch von seinen Schülern „Creutzi“ genannt. Der Film, der die Geschichte eines Bad Harzburg-Urlaubs von der Planung über die Reise von Dortmund in den Harz bis zum Aufenthalt in der Kurstadt erzählt, wurde ohne Ton nur mit Zwischentiteln gedreht.

Die Hintergrundmusik wurde bei der aktuellen Digitalisierung eingefügt, wer das stille Original erleben will, schaltet den Ton aus. Historische Fotos auch aus dem Archiv Plaster sind auf der Internet-Plattform https://harz-history.de zu sehen, die die Bad Harzburg-Stftung unterhält.